Prognosen sind schwierig – vor allem, wenn Sie die Zukunft betreffen… Wer immer das gesagt hat – und über die Urheberschaft des Zitats gibt es unterschiedliche Quellen – hat natürlich Recht. Trotzdem wage ich einen Versuch, den Vertrieb der Zukunft vorherzusagen. Weniger als statistische Prognose, sondern eher als subjektive Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. Nicht als „in Stein gemeißelte Wahrheiten“, sondern als Inspiration für Diskussionen, unternehmensinterne Szenarien und konkrete Strategien.

 

These 1 – Data is King:

Über jeden Kunden gibt es viele Informationen über Personen, Persönlichkeiten, Bedürfnisse, gekaufte Produkte, Finanzen, Verhalten, organisatorische Rahmenbedingungen u.v.m. Jeder Kunde hinterlässt durch sein Verhalten Spuren in Märkten, bewusst oder unbewusst. Zukünftig werden nur noch die Unternehmen erfolgreich sein, die diese Informationen bestmöglich erfassen, auswerten und nutzen. Das Sammeln von Daten – natürlich im Rahmen der gesetzlich erlaubten Möglichkeiten – ist aber kein Selbstzweck. Derjenige Anbieter, der den Kunden am besten kennt, hat beste Voraussetzungen. Diese muss man aber auch durch individuell passende Angebote lösen. Nur dann wird aus Daten ein Erfolg.

 

These 2 – Multichanneling ist ein Muss:

Viele Unternehmen sind durch einen Kanal gewachsen. Händler durch die stationären Läden, kleine Unternehmen durch Großhändler oder Vertriebspartner, manche Unternehmen durch einen Außendienst, Internetunternehmen über das Web usw. Egal, welcher Kanal der Ursprung des vergangenen oder heutigen Erfolgs ist, zukünftig wird nur noch erfolgreich sein, wer auf allen Kanälen präsent ist, bei denen die Kunden das Unternehmen erwarten. „Präsent“ heißt hier nicht einfach nur dabei sein, sondern professionell präsent sein. Zusätzlich müssen die Kanäle integriert und abgestimmt sein. Kunden erwarten, dass Anbieter sie kennen. Egal, ob er in einem Shop oder einer Niederlassung persönlich auftritt, sich über ein Callcenter meldet oder den Webshop besucht. Das wird zunächst teurer und komplexer, ist aber ohne Alternativen. Richtig gemacht, vergrößert das Unternehmen seine Marktpenetration und die Kundenbindung.

 

These 3 – Persönlicher Verkauf stiftet Mehrwert oder stirbt aus:

Es ist eine Binsenweisheit, dass der persönliche Verkauf der teuerste Kanal zum Kunden ist. Diese Mehrkosten machen nur Sinn, wenn der persönliche Kontakt wirklich nötig ist und Nutzen stiftet. Dieser kann vielfältig sein: Beratung Konzeption, Organisation, Beziehungen und Vertrauen u.v.m. Wenn das alles für Kunden nicht zählt, ist der persönliche Verkauf überflüssig. Zumeist nicht im Ganzen, sondern ggfs. für bestimmte Kunden. Hier müssen Unternehmen sorgfältig segmentieren, priorisieren und entscheiden.

 

These 4 – Leadership in Sales ist der Schlüssel zum Erfolg im persönlichen Verkauf:

Für die Vertriebsmitarbeitenden gibt es viel zu tun. Die Vertriebsführung bietet aber noch deutlich mehr Optimierungsreserven. Die „Pflicht“ der Vertriebsführung besteht darin, die Basisaufgaben guter Vertriebsarbeit sicherzustellen: Möglichst viele Kontakte bei möglichst potenzialstarken Kunden, echte Nutzenargumentation mit hohen Preisen usw. Die „Kür“ besteht darin, die richtig guten Vertriebsmitarbeitenden mit großen Freiheitsgraden zu führen. Für Lösungsverkauf und Key Account Management werden kreative und agile Kundenmanager benötigt. Pflicht und Kür auszubalancieren, sie ggfs. in einer Mannschaft zu vereinen, ist sehr anspruchsvoll. Nicht jede Person, die heute Führungsverantwortung im Vertrieb hat, wird sie leisten können.

 

These 5 – Verkaufen wird „intellektueller“:

Erfolgreiche Verkaufsmitarbeitende sind ehrgeizig, fleißig, extrovertiert usw. Diese Urteile sind genau so weit verbreitet, wie falsch. Erfolgreiche Verkaufspersönlichkeiten haben nach verschiedenen Studien sehr unterschiedliche Profile. Ihr Job wird aber in Zukunft sehr viel anspruchsvoller. Neue Technologien, komplexere Leistungen, anspruchsvollere Kunden, globale Wettbewerber usw. lassen sich nur durch einen intelligenteren Verkauf erfolgreich lösen. Verkaufsmitarbeitende werden zu „Kundenberatern mit Abschlussmission“. Ihr Profil wird anspruchsvoller und die Ausbildung bis hin zu Studiengängen muss dem gerecht werden.

 

These 6 – In der Systematik schlummern Reserven:

Zu Recht stellt sich in vielen Unternehmen die Frage, wo mit einer Optimierung anfangen? Die größten Reserven schlummern meiner Meinung nach in der Systematik des Verkaufs. Natürlich gibt es die Instrumente, wie z.B. zu Kundenanalyse, Kundenstrategien, Kundenpläne, Verhandlungsstrategien und –taktiken schon lange. Aber sie werden nicht in die Praxis umgesetzt. Nach Trainings und Seminaren sind die persönlichen Umsetzungsziele hochgesteckt, werden aber im Alltag rasch wieder vergessen und das intuitive Agieren dominiert wieder das Tagegeschäft. Es braucht viel Energie für systematische Vorgehensweisen. Und – das muss betont werden – Systematik ist ein Mittel nicht das Ergebnis. Gute Verkäufer der Zukunft vertrauen ihrer Intuition und nutzen ihre Kreativität. Sie machen aber zuerst ihre Hausaufgaben und haben die Basis für ihre Arbeit systematisch gelegt.

 

These 7 – Key Account Management (KAM) ist die Königsdisziplin:

Schlüsselkunden oder Key Accounts sind die wichtigsten Kunden eines Unternehmens. Ein Unternehmen darf sich einfach nicht erlauben, diese zu verlieren. Obwohl es das Konzept schon mehrere Jahrzehnte gibt, steht es auf der Agenda der Führungskräfte oben. Heute und in Zukunft. Die wichtigsten Kunden müssen durch individuelle Strategien und besondere Verkäufer, die Key Account Manager, bearbeitet werden. Sie sind nicht nur die wichtigsten sondern i.d.R. auch die anspruchsvollsten und am meisten umkämpften Kunden. Es lohnt sich hier für die Zukunft zu investieren.

Quelle: https://www.ggs.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/GGS-Quarterly/GGS_Quarterly_2015_02.pdf, S. 12-13.