Wo bleibt das „Verkaufen“ beim „Social Selling“ im B2B?

Ist im „Social Selling“ eigentlich drin, was draufsteht, also Verkaufen? Zumindest für den B2B Bereich sollte die Euphorie um das Thema differenziert gesehen werden.

Mit Social Selling streben Unternehmen Verkäufe unter Nutzung Sozialer Netzwerke an. Während das im B2C Geschäft leicht nachzuvollziehen ist und teilweise auch direkt durch Umsatz und Absatz messbar ist, erweist sich der Nachweis im B2B Geschäft als schwierig. Trotzdem erfreut sich das Thema auch im Verkauf an Unternehmenskunden großer Beliebtheit, manch einer spricht gar von der größten Innovation im Verkauf seit der Erfindung des Telefons. Ich sehe das kritisch und differenzierter.

Zunächst steht außer Frage, dass Soziale Netzwerke den B2B Verkauf bereichern. Vor allem auf LinkedIn, aber auch auf anderen Plattformen trifft man professionelle Entscheider, die beruflich, teils sogar privat präsent sind. Sie können analysiert werden, mit Informationen versorgt und kontaktiert werden. Beziehungen können aufgebaut und gepflegt werden. Das früher eher anonyme B2B-Marketing wird sehr passgenau und persönlich. Ein Riesenvorteil für den Verkaufsprozess für die Generierung von Leads, die Pflege von Kontaktdaten, Contentmarketing, Branding und natürlich auch die Begleitung von konkreten Geschäften.

Ich empfehle heute jeder und jedem im B2B Vertrieb, ein professionelles Profil, mindestens auf LinkedIn, zu pflegen, sich mit allen Geschäftskontakten zu verbinden und diese Möglichkeiten für die Beobachtung der relevanten Themen und Menschen zu nutzen, d.h. „Social Listening“ zu betreiben. Ich nenne das die Pflicht. Die Kür besteht darin, sich selbst durch kluges Posten und Reagieren auf andere Posts zu engagieren. Das ist noch relativ einfach, wenn man sich auf ein professionelles Social Media Marketing des eigenen Unternehmens verlassen kann und den Inhalt daraus beziehen, weiterleiten und ggfs. mit eigenen Statements multiplizieren kann. Es wird anspruchsvoller, wenn man sich selbst redaktionell mit eigenem Content engagieren möchte oder gar das Ziel hat, eine Personal Brand zu werden und damit einen Beitrag zu der eigentlichen Aufgabe, dem Verkaufen, zu leisten. Zweifellos hilft es einer guten Vertriebsperson, wenn mögliche Kunden sie und ihre Kompetenz über soziale Netze bereits kennen. Und sicher wird es auch Kunden geben, die sich direkt an solche Menschen wenden. Ich werde daher keine Vertriebspersönlichkeit davon abhalten, selbst zum Mikro-Influencer und Experten für die Themen zu werden, in denen man verkaufen möchte. Schon gar nicht, wenn dies mit großer Leidenschaft und nicht als „von oben verordnet“ geschieht. Dennoch empfehle ich, kritisch zu reflektieren, welche der eigenen Aktivitäten den größten Hebel auf den Verkauf haben. Gute Social Media Aktivitäten, dazu gehört nicht nur das Posten, sondern auch das Interagieren, kosten Zeit und damit die kostbarste Ressource guter Salesleute. Hier muss jeder selbst entscheiden, wo sie eingesetzt wird. Social Selling wird dem Begriff in den allermeisten B2B Situationen aber nicht gerecht, denn es wird nicht aktiv verkauft, sondern Verkaufsprozesse werden begleitet idealerweise gestärkt. Daneben gibt es vieles zu tun, dass den Abschluss eher fördert. Social Selling Aktivitäten sollten davon nicht ablenken.

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