Produktivität bezeichnet im Allgemeinen das Verhältnis zwischen Ausbringungsmenge und Einsatz. Diskussionen über die Produktivität im Vertrieb driften nach meiner Erfahrung häufig und rasch ins Oberflächliche ab. Dann geht es darum, die „Schlagkraft im Vertrieb“ zu erhöhen und das Mittel der Wahl ist die „Schlagzahl“, also z.B. mehr Anrufe, mehr Besuche, mehr Angebote, mehr Abschlüsse. Auch die angloamerikanische Literatur, an der man sich hier zu Lande im Management gerne orientiert, offenbart hier ein eher simples, stark incentivegetriebendes Vertriebsverständnis, dass häufig nicht mehr zu den unternehmerischen Realitäten passt. Ich stimme zu, dass derartige Initiativen durchaus Erfolge hervorbringen können. Sie werden jedoch nicht nachhaltig sein, sondern eher kurzzeitig wirken.
Die Anforderungen an den Vertrieb sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Veränderte, anspruchsvollere Aufgaben benötigen andere Kompetenzen im Vertrieb. Damit ändern sich die anvisierten Ergebnisse und somit auch die Definition von „Ausbringungsmenge“ in einer Formel zur Vertriebsproduktivität. Aber kann es eine solche Formel überhaupt geben?
Ein Unternehmen, das die Produktivität seines Vertriebs steigern möchte, tut gut daran, zunächst für Klarheit bezüglich der gewünschten Ergebnisse zu sorgen. Dabei werden Umsatz, Absatz und hoffentlich auch Profit immer den Ausgangspunkt bilden. Sie stehen aber am Ende des gesamten Vertriebsprozesses. Es lohnt sich, den Weg zum Ziel genauer zu betrachten. Dazu sollten die Phasen im Kaufprozess der Kunden identifiziert und für jede Phase geeignete Zielgrößen bestimmt werden. Das Ziel besteht darin, möglichst viele Kunden erfolgreich durch alle Phasen des Kaufprozesses bis zum Abschluss zu führen. Das klingt einfacher, als man denkt. Erfahrungsgemäß sind die Erfolgsfaktoren hier in jeder Phase unterschiedlich. Und üblicherweise verliert man in jeder Phase Kunden. Hilfreich sind meiner Meinung nach die folgenden Fragen: Was soll in jeder Phase möglichst messbar erreicht werden?, Wo, d.h. bei welchen Kunden (-segmenten) sollen diese Ziele erreicht werden? und Wie, d.h. mit welchem Verhalten soll dies erreicht werden?
Diese Fragentriologie erfordert vor allem eine fundierte Analyse der Kundenpotenziale sowie der aktuellen Praxis der Vertriebsmannschaft und ihrer Erfolgsmuster. Die Analyse der Kundenpotenziale, zumindest der Stammkunden, ist eine Fleißarbeit, die einmal gemacht werden muss. Zumeist ist das notwendige Wissen implizit in der Vertriebsmannschaft vorhanden. Es wird aber von den Mitarbeitenden, aus nachvollziehbaren Gründen, geschützt. Es gehört zur Führungsaufgabe im Vertrieb dieses Wissen für das Unternehmen nutzbar zu machen. Ähnliches gilt für die aktuellen Arbeitsweisen. Vor allem die besten Mitarbeitenden sind eine wahre Erkenntnisquelle für die Stellhebel zur Steigerung der Vertriebsproduktivität. Aber auch sie haben ihre Gründe, sich nicht in die Karten sehen zu lassen. Aber genau darum geht es, wenn man das Niveau der gesamten Mannschaft steigern möchte. Und auch hier sind die Führungskräfte gefordert, aus den Einzelkämpfern ein Team zu formen, das sich gegenseitig unterstützt. Fazit: Vertriebsproduktivität ist alles andere als trivial. Das Motto „Schlagzahl erhöhen“ ist plakativ, greift aber zu kurz. Vertriebsproduktivität ist auch nicht generalisierbar, sondern nur unternehmensspezifisch zu verstehen und zu optimieren. Sinngemäß geht es immer um die Frage: Wie nutze ich die wertvolle Zeit meine Vertriebs, so dass ich die angestrebten Ziele bestmöglich erfülle oder gar übertreffe?