Vom „Vertrieb von Services“ zum „Vertrieb als Service“

Heute klagt fast jede Branche darüber, dass der Preis die Diskussionen mit Kunden dominiert. Dieses Phänomen hat selbst spezialisierte Anbieter, wie z.B. in der Hightech-Industrie, erfasst. Lässt man einmal die offensichtliche Preisaffinität vieler Einkaufsabteilungen außer Acht, muss man nüchtern konstatieren: Wer keine klaren Wettbewerbsvorteile besitzt, muss sich nicht wundern, wenn am Ende nur noch der Preis zählt. Wenn Sie als Leser/in an dieser Stelle stutzen, empfehle ich Ihnen folgenden Test: Stellen Sie sich in Marketing und Vertrieb die Frage, mit welchem eindeutigen Vorteil gegenüber dem Wettbewerb wollen Sie die Kunden überzeugen? Und ist genau das ein Vorteil, den die Kunden auch benötigen und wertschätzen?

Nachhaltige Wettbewerbsvorteile sind aus meiner Sicht eine strategische Hauptherausforderung der Zukunft. Ich erwarte, dass diese Vorteile – selbst in produzierenden Unternehmen – immer weniger im Produkt liegen, sondern in den Dienstleistungen. Der erfolgreiche „Vertrieb von Services“ muss dabei folgende Herausforderungen bewältigen: Erstens, müssen die richtigen Leistungen den richtigen Kunden angeboten werden. Zweitens, muss ein Unternehmen Kompetenzen für diese Leistungen besitzen bzw. aufbauen oder durch Kooperationen sicherstellen. Drittens, müssen diese Leistungen durch den Vertrieb beim Kunden professionell argumentiert werden. Und, viertens, müssen sie auch noch erfolgreich verkauft, d.h. kommerzialisiert werden. Im Grunde geht es darum, den Wettbewerb durch Services zu gewinnen, die echte Vorteile darstellen. Viele Unternehmen haben dieses Potenzial nicht erkannt und geben solche Leistungen kostenlos ab. Eine konstruktive Vermarktung sieht anders aus. Die hohe Kunst besteht jedoch in der Realisierung von „Vertrieb als Service“. Das ist nicht wirklich neu. Schon St.Galler Studien aus den 90er Jahren zeigen, dass verantwortliche Führungskräfte mit deutlicher Mehrheit prognostizierten, dass der Vertrieb zum Teil der Leistung wird. Klingt trivial, bedingt aber einen kompletten Gesinnungswandel des Unternehmens. Hier reicht es nicht, darüber nachzudenken, was Vertriebsmitarbeiter für Kunden leisten müssen. Es geht vielmehr darum, dass der Vertrieb als möglicher Wettbewerbsvorteil zur strategischen Speerspitze des Unternehmens wird. Ich bezeichne solche Unternehmen als „Sales Driven Companies.“ In einer Sales Driven Company macht der Vertrieb den Unterschied zum Wettbewerb aus. Er wird von Vertriebsmitarbeitenden realisiert, die Kunden wirklich kennen. Nicht nur die Personen, sondern ihre Bedürfnisse und ihre Prozesse. Durch solche Detailkenntnis sind sie in der Lage, Produkte und Dienstleistungen in die Prozesse der Kunden zu integrieren. Solche Vertriebsmannschaften benötigen eine andere Einbindung in die eigene Organisation. Unternehmensstrategie, -prozesse, -systeme und -kultur müssen sich am Vertrieb ausrichten. Vertrieb als Service kann man aber nicht auf die Rechnung für den Kunden schreiben. Die Qualität der Zusammenarbeit ist eine ganz andere als im normalen Verkauf. Sales Driven Companies wandeln Verkaufssituationen in Partnerschaften, die professionelle Kunden auch nicht mehr durch Preiskämpfe aufs Spiel setzen.

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