Technischer Vertrieb wird zu „Betriebswirtschaftlichem Vertrieb“

Technischer Vertrieb meint üblicherweise den Verkauf von technischen, das heißt technisch anspruchsvollen und erklärungsbedürftigen Produkten an professionelle B2B Kunden. Dazu passen Stellen, wie z.B. die der so genannten Vertriebsingenieure. Diese Lösungen werden also von Menschen vermarktet, die eine hohe technische Fachkompetenz haben. Und in der Tat gibt es selbst heute noch viele Unternehmen, die auf technische Argumentationen durch technisch versierte Menschen setzen. Ich wage die Prognose, dass sich das ändern wird bzw. muss. Warum? Selbst Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf der Innovation oder klaren technischen Vorteilen beruht, kommen heute an ihre Grenzen. Mitbewerber haben frühere technische Wettbewerbsvorteile aufgeholt und bieten gleichwertige Leistungen – zumindest aus Kundensicht. Darunter durchaus Anbieter aus Ländern, die man bis vor Kurzem allenfalls als verlängerte Werkbank betrachtete und die in relativ kurzer Zeit heute technisch auf Augenhöhe agieren. Damit muss sich die Wettbewerbsarena auf andere Themen verlagern. Im technischen B2B Geschäft wird das nach meiner Überzeugung der Beitrag zum Erfolg der Kunden sein. Natürlich fußt dieser auch technischen Lösungen. Diese werden jedoch angereichert durch umfassende und teils individuelle Services. Diese machen es dem Kunden im Verkaufsprozess leicht, die Vorteile zu verstehen und die Leistungen zu nutzen bzw. in die eigenen Prozesse zu integrieren. Vor allem aber müssen diese Leistungen zu nachweisbaren Erfolgen führen. Wir befinden uns nicht mehr in einem technischen Leistungswettbewerb, sondern in einem wirtschaftlichen Erklärungswettbewerb. Die Leistung und ihre Wirkung zu erläutern, sie auf die Kundenbedürfnisse anzupassen, sie beim Kunden zu integrieren, ist Aufgabe des „betriebswirtschaftlichen Verkaufes“. Damit ich nicht falsch verstanden werde. Die technischen Eigenschaften werden keineswegs unwichtig, sie sind sogar wichtiger denn je. Andernfalls ist man nämlich gar nicht mehr auf der Liste der potenziellen Anbieter. Sie sind ein Hygienefaktor, aber kein zwingender Erfolgsfaktor. Die entscheidenden Themen, werden sich um den wirtschaftlichen Erfolg drehen. Das hat auch Auswirkungen auf die nötigen Kompetenzen im Verkauf. Technische Expertise ist natürlich gefragt, kann aber z.B. auch über Spezialisten aus dem Salessupport abgebildet werden und muss nicht zwingend bis ins Detail selbst beherrscht werden. Kann aber die betriebswirtschaftliche Tiefe bis ins Detail selbst beherrscht werden? Das hängt von der Komplexität des Geschäfts der Kunden ab. SAP arbeitet z.B. mit globalen Value Engineers, die eben diese Vorteile für Kunden in unterschiedlichen Branchen herausarbeiten und auch rechnen. Dann wird der Verkauf zum Orchestrator verschiedener Disziplinen im Unternehmen. Unternehmen, die sich solche Spezialisten nicht leisten können – und das werden die meisten sein – sollten auf Vertriebsmitarbeitende setzen, die das Geschäft ihrer Kunden verstehen und hier über echte, betriebswirtschaftliche Vorteile verkaufen können.

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